Dokumentation „Mehr als ein Dach über dem Kopf! Gutes Wohnen in Thüringen“

Tagung am 4. Juni 2018 - Notizen vom Abschlusspodium „Wie wollen wir wohnen?“

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04.06.2018

In Schlaglichtern berichteten die Moderator*innen der Arbeitstische im Plenum über die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppen. Das Fazit von Tisch 1, an dem es um Kommunale Verantwortung für Gutes Wohnen ging, lautete: Umsetzungszeiträume wohnungspolitischer Maßnahmen sind entschieden zu lang, das Altschuldenproblem gehört zu den erdrückendsten für die kommunalen Unternehmen, konkrete lokale Sozialanalysen sind sehr hilfreich. Am Tisch 2, wo demokratische Teilhabe und Mitbestimmung in Sachen Wohnen im Mittelpunkt standen, fasste man die Ergebnisse in der nachdrücklichen Forderung nach staatlicher Förderung für Haus- und Wohnprojekte und für Mitbestimmungsrechte für Mieter*innen in Wohnungen kommunaler Wohnungsgesellschaften zusammen. Bei der Konzeptvergabe kann der Aspekt Mitbestimmung z.B. zukünftig berücksichtigt werden. Die Teilnehmer*innen an Tisch 3, die sich mit  der Vereinbarkeit von sozialem und ökologischem Wohnungsbau beschäftigt hatten, nannten eine Unterstützung von einer Vielfalt von Wohnformen als anzustrebendes Ziel. Nicht nur Einfamilienhäuser, sondern auch Mehrgenerationenhäuser und Gemeinschaftswohnprojekte sollen im ländlichen Raum gefördert werden. Tisch 4 hatte das Wohnen in Zeiten demographischen Wandels zum Thema. Hier hatten sich die Teilnehmer*innen vor allen mit den durch den Wegzug junger Leute entstehenden Problemen beschäftigt und forderten mehr Aufmerksamkeit für den Abbau bürokratischer Hindernisse und für die Gewährleistung von Mobilität für ältere Menschen. Am Tisch 5 ging es um Gutes Wohnen auf dem Land. Durch diese Debatten zog sich wie ein roter Faden die Notwendigkeit der Wiederherstellung funktionsfähiger Verwaltungen vor Ort. Fragen des Dorfmanagements und der gelungenen Vermarktung des Guten Lebens auf dem Land wurden ebenfalls betont. Solidarisches Miteinander und virtuelle und reale Begegnungsräume müssen im Mittelpunkt stehen. Tisch 6 schließlich befasste sich mit dem Gefälle zwischen City und „abgehängten“ Wohngebieten in den Städten.  Kritisiert wurden klischeehafte Vorurteile über die „Platte“. Lebensqualität kann auch von nichtmonetären Faktoren positiv beeinflusst werden und Gemeinschaft auch in Mikrostrukturen konstituiert werden. Lösungsansätze finden sich durch eine Steuerung der Mietpreissteuerung, im sozialen Wohnungsbau und in Maßnahmen der Steuer- und Förderpolitik.

Zum Abschluss des Diskussionsforums rund um das Thema Wohnen in Thüringen kamen die unterschiedlichen Akteure aus der Wissenschaft, Kommunen und zivilgesellschaftlichen Initiativen nochmal zusammen. Das von der Journalistin Blanka Weber moderierte Podium war besetzt mit: Friederike Schulz vom selbstverwalteten Erfurter Hausprojekt Stattschloss, Lisa Vollmer vom Institut für Europäische Urbanistik an der Bauhaus-Universität-Weimar, Wilhelm G. Wagner, Geschäftsführers der Städtischen Wohnungsgesellschaft Eisenach und Jonas Zipf, Werkleiter von JenaKultur.
Lisa Vollmer betonte, dass Wohnprojekte bei aller Unterstützungswürdigkeit nicht die Wohnungsfrage als soziale Frage lösen können. Sie hob die Wichtigkeit neuer wohnungspolitischer Ansätze wie die neue Wohnungsgemeinnützigkeit als finanzierbares und umsetzbares System der öffentlichen Verantwortung für eine soziale Wohnungsversorgung hervor. Wilhelm Wagner hielt dagegen, der Markt als Ganzes – also auch der Wohnungsmarkt – sei nur in sehr engen Grenzen steuerbar, deshalb könne man nicht gegen den Markt, sondern müsse mit ihm arbeiten. Es sei nun einmal so, dass steigende Handwerker*innenlöhne und Materialpreise in der Miete landen müssten. Aus dem Publikum steuerte Frank Lipschik vom Bündnis „Erfurt für alle“  ein best-practice-Beispiel bei: In der österreichischen Hauptstadt Wien ist die Wohnstruktur seit Jahrzehnten stark vom sozialen Wohnungsbau geprägt. Es gibt also durchaus politische Steuerungsmöglichkeiten.

Die Teilnehmer*innen der Podiumsdiskussion sind sich einig, dass die rot-rot-grüne Thüringer Landesregierung noch an einigen Stellschrauben drehen kann, um Gutes Wohnen in Thüringen für alle zu ermöglichen.