Dokumentation Fahrt in das Kali-Bergbau-Museum Bischofferode

Exkursionsbericht

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Exkursionsbericht

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen hatte für Samstag, den 12. Dezember 2015, eine Exkursion nach Bischofferode organisiert.
Der Ort und seine Bergarbeiter sind berühmt geworden wegen ihres heftigen Widerstands gegen die von der Treuhand beschlossene Schließung ihres Bergwerks im Jahr 1993.
Der heute 62-jährige Bergmann Gerhard Jüttemann, ehemaliger Betriebsrat und Gewerkschafter, dem im Jahr 1993 die Rolle des Arbeiterführers zufiel, gab uns bereits bei der Begrüßung einen kurzen Überblick zur traurigen Berühmtheit des Ortes in den 1990er Jahren.

Nach dem Mittagessen besichtigten wir mit ihm und Herrn Nebel, einem weiteren ehemaligen Bergmann, in zwei Gruppen das Kali-Bergbau-Museum in Bischofferode.
Im Anschluss an den verzweifelten Kampfes der Kalikumpel um den Erhalt des Bergbaustandortes Bischofferode im Jahr 1993 wurde der Thomas-Müntzer-Kaliverein Bischofferode e.V. gegründet, und es entstand der Gedanke, ein Bergbaumuseum aufzubauen. Dazu erwarb der Verein das Gebäude, das einst die Betriebs-Ambulanz des Bergwerks beherbergte. Das Museum erinnert nicht nur an das ereignisreiche Jahr 1993, sondern zeichnet auch die Geschichte des Kalibergbaus in der Region seit 1909 nach.
Mit großer Unterstützung des Bergwerkes Bischofferode sowie Unternehmen vor Ort und der Region entstand in den Jahren 1996 bis 1999 das Museum. In zwei Etagen - fast so wie im Bergwerk selbst über Tage/unter Tage - konnten wir uns mit dem Kalibergbau vertraut machen.
Auch dem damaligen möglichen Investor Johannes Peine, Chef einer westfälischen Firmengruppe, der vergeblich versucht hatte, durch eigene Investitionen in Höhe von 59 Millionen D-Mark den Industriestandort zu retten,ist ein Raum im Museum gewidmet.

Nach einer Pause mit Kaffee und Kuchen folgte in den Räumen des Museums die Lesung mit Volker Braun aus seinem Buch „Die hellen Haufen“.
Er schildert in seinem Buch, wie die Kumpel im Kalibergwerk Bischofferode im Stich gelassen wurden, und entwirft die Fiktion eines Aufstands. Er hinterfragt das Scheitern des Protestes der Bergleute. In seiner Erzählung malt er sich aus, dass diejenigen, die von der Wende überrollt wurden, sich zusammentun, um gemeinsam den Aufstand zu wagen.
Dabei zieht er Parallelen zum Bauernkrieg 1524/25. Eine seiner Hauptsequenzen sind die „12 Mansfelder Artikel“, in welcher die rebellierenden Bergleute ihre Forderungen zusammenfassen. Doch es bleibt beim Versuch des großen Aufstands. Am Ende scheitert dieser durch an der eigenen Zögerlichkeit und der Brutalität der Ordnung.

Im Anschluss an die Lesung sahen wir noch den MDR-Dokumentarfilm „Der Kali-Krimi“, der in der Reihe „Umschau extra“ am 29.09.2015 erstausgestrahlt wurde. Der Filmautor Dirk Schneider hatte sich auf Spurensuche begeben, und seine Recherchen zeichnen einen Wirtschaftskrimi nach. 20 Jahre nach dem Hungerstreik werden die Zusatzprotokolle der spektakulären Übernahme der ostdeutschen Kaliindustrie durch den Kasseler Weltkonzern K + S öffentlich. Sie zeigen: Die Kumpel von Bischofferode hatten gegen die Mächtigen keine Chance.

Nach einem informativen Tag fuhren wir mit dem Bus gegen 17:30 Uhr nach Erfurt zurück.