
Am 14. Juni 2025 reiste eine Gruppe von 13 Personen aus Erfurt und Halle nach Allstedt und Stolberg. Hintergrund der Reise waren die Veranstaltungen anlässlich des 500 jährigen Jubiläums des Deutschen Bauernkriegs. Ziel war es, mehr über das Wirken von Thomas Müntzer in Allstedt zu erfahren. In Stolberg, Müntzers Geburtsort, interessierten sich die Teilnehmenden vor allem um die Geschichte der Münzprägung im Harz, die Reformation in der Stadt und die Auswirkungen des Bauernkriegs in diesem Teil des alten Deutschland.
Zu Beginn der Führung wurde die Gruppe von Evelyn Edler, der stellvertretenden Bürgermeisterin der Stadt begrüßt.
Allstedt wurde 1524 zum Experimentierfeld von Müntzer. Es war seine erste gut bezahlte Stelle als Prediger und hier konnte er die Wirkung seiner Thesen auf die Menschen erproben. Wie Lukas Wölbing, bestens informierter Begleiter der Gruppe in Allstedt mitteilte, erfreuten sich Müntzers Predigten eines großen Zulaufs, auch aus den Gemeinden der Umgebung. Seine größte, ja revolutionäre Leistung war die Allstädter Gottesdienstreform. Unter anderem hielt der Reformator und Revolutionär erstmals im Reich einen Gottesdienst in deutscher Sprache, eineinhalb Jahre vor Luther. Dabei verließ er die Kanzel und stand im Angesicht der Gottesdienstbesucher. Und er predigte über eine Rückkehr zu einer Kirche des wahren Glaubens.
Inzwischen hatten sich auch Bürger*innen aus Allstedt der Gruppe angeschlossen. Sie konnten viele Details aus der Geschichte des Ortes hinzufügen und es entwickelte sich ein interaktiver Prozess.
Müntzers Agieren stieß nicht nur auf Zuspruch. Sein Hauptgegner war der Landgraf Ernst von Mansfeld. Anlass für die Vertreibung Müntzers aus Allstedt war der bis zum heutigen Tag ungeklärte Brand der Mallerbacher Kapelle am 24.03.1524. Müntzer wurde vorgeworfen, diesen initiiert zu haben, was jedoch nie bewiesen werden konnte. Die Probleme des Predigers in der Stadt verschärften sich nach seiner Fürstenpredigt. In ihr forderte er die Fürsten zum Kampf gegen die Leute mit dem falschen Glauben (also die Anhänger der korrupten Kirche) auf. Sollten sie das nicht tun, würde ihnen „das Schwert genommen“ werden. Diese Forderung hatte erhebliche Konsequenzen. Unter anderem wandte sich Luther nun endgültig von ihm ab. Diese Entwicklungen führten dazu, dass Müntzers Lage in der Stadt unhaltbar wurde. Am 1. August trafen sich die Fürsten Johann der Beständige und sein Sohn Johann Friedrich mit den Honoratioren der Stadt, um die Verantwortlichkeiten für den Brand der Kapelle zu klären. Im Ergebnis wird Müntzer zum Verhör vorgeladen. Unter diesem Eindruck flieht er aus Allstedt und wendet sich nach Mühlhausen.
Unter der Führung von Herrn Wölbing besichtigte die Gruppe die Wirkungsstätten des Reformators in Allstedt und erfuhr mehr über dessen Wirken und Leben. So heiratete Müntzer im Sommer 1523 Ottilie von Gersen in der Wigberti-Kirche und ihr gemeinsamer Sohn wurde hier geboren.
Im Anschluss führte Frau Rauschhardt von der Landeskunststiftung Sachsen-Anhalt die Gruppe durch den Ort zu einigen modernen Kunstwerken, welche unter dem Thema „Glühende Horizonte“ eine aktuelle, künstlerische Auseinandersetzung mit dem Bauernkriegsgeschehen und seinen Hintergründen darstellen.
Danach reiste die Gruppe weiter nach Stolberg.
Als erstes erfolgte ein kurzer Stopp im Schloss. Hier besichtigte die Gruppe zwei Ausstellungen über das Wirken von Frauen in der Reformation. Ein Thema, welches bis vor Kurzem eher wenig beachtet wurde. Die Reisebegleiterin Elke Stolze hielt einen kleinen Vortrag zu diesem Thema. Anschließend erfolgte eine kurze Besichtigung der Martini-Kirche, in welcher Thomas Müntzer getauft wurde.
Hauptziel des Besuchs in Stolberg war das Museum Alte Münze. Dort begrüßten Monika und Dietrich Lücke die Reisegruppe. Sie führten im Anschluss durch die Ausstellungen und erläuterten die wichtigsten Ereignisse rund um die Zeit des Bauernkriegs.
Dietrich Lücke berichtete über die Geschichte der Münzprägung in Stolberg und den damit verbundenen Silberbergbau. Die Ausstellung stellt die Arbeitsabläufe und die Kunst der Münzprägung dar. Die erfolgreiche Geschichte der Münzprägung in Stolberg (die Stadt war berühmt für die hohe Qualität ihrer Münzen) basierte u.a. auf den zahlreichen Hütten- und Bergwerken im Harz. Münzmeister und ihre Gesellen waren Spezialisten und hatten einen guten Verdienst. Hinzu kamen weitere soziale Leistungen. So war es ihnen u.a. möglich, sich und ihren Familien ein Haus zu bauen. Der Bruch erfolgte nach den Verheerungen des 30-jährigen Kriegs.
Monika Lücke informiert in einer zweiten Ausstellung über die Hintergründe der Unruhen im Verlauf des Bauernkriegs in der Stadt dar. Es waren allerdings weniger die Bauern, die zum Aufruhr riefen, sondern die Stolberger Stadtbürger. Denn im Mittelpunkt der Erhebung von 300 Bürgern standen vor allem städtische und nicht bäuerliche Konflikte wie die Leibeigenschaft, die es in dieser Gegend nicht gab. Für die Menschen in der Stadt waren es vor allem Währungsprobleme, die zur Verarmung führten, nachdem es in den Jahren von 1508 bis 1524 zu keinem Wohlstandszuwachs mehr kam. So waren auch die 24 Artikel, welche die Forderungen während des Aufstands beinhalteten, vor allem städtisch geprägt. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen der Stadtoberen und den Bürgern. Letztere forderten den Kaiser auf, für Gerechtigkeit zu sorgen. Als auch dies nicht erfolgte, erhob sich ein Teil der Bürger zum Aufstand, der jedoch schnell niedergeschlagen wurde. Neun Männer wurden in der Folge hingerichtet.
Wie nach der Niederlage der Bauern in ihrem Aufstand, so hatten die Bürger von Stolberg in der Folge einige Erfolge zu verzeichnen: So wurde 1526 die Zahl der kirchlichen Feiertage reduziert (was jedoch nicht mit aktuellen konservativ-neoliberalen Vorschlägen zur Feiertagsreduzierung zu verwechseln ist). Ebenso wurden die Kosten für Hochzeiten verringert und etwas später erfolgte tatsächlich eine Neuordnung der sozialen Verhältnisse.
Zum Abschluss organisierten die Kolleg*innen des Museums noch eine gemeinsame Cafe´-Runde, was auf große Zustimmung der Reisegruppe stieß.
Mit vielen beeindruckenden Erfahrungen reisten die Teilnehmer*innen der Bildungsreise anschließen zurück.
Bernd Löffler