Aktuelle Nachrichten https://th.rosalux.de/ Hier finden Sie unsere aktuellen Nachrichten. de Copyright Fri, 01 Dec 2023 19:03:29 +0100 Fri, 01 Dec 2023 19:03:29 +0100 TYPO3 Aktuelle Nachrichten https://th.rosalux.de/fileadmin/sys/resources/images/dist/logos/logo_rss.jpg https://th.rosalux.de/ 144 109 Hier finden Sie unsere aktuellen Nachrichten. news-51218 Thu, 09 Nov 2023 09:19:14 +0100 Pressemitteilung https://th.rosalux.de/news/id/51218 Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz gegen Stadtrundgang zur Hexenverfolgung in Erfurt im Rahmen der alternativen Studieneinführungstage - Hintergrundinformationen und O-Töne Am 28.10.2023 wurde ein Stadtrundgang im Rahmen der alternativen Studieneinführungstage "Nächste Ecke Links" durch einen unverhältnismäßigen Polizeieinsatz vorzeitig beendet: Die Teilnehmer*innen wurden kurzzeitig festgesetzt, es kam zu Körper- und Taschendurchsuchungen, der Aufnahme von Personalien aller Teilnehmenden und zu abschätzigen Kommentaren seitens der Polizei. Die Veranstalter*innen und das Bündnis hinter den Alternativen Einführungstagen verurteilen das Vorgehen der Polizei.
Die alternativen Studieneinführungstage "Nächste Ecke Links" werden seit 2015 von studentischen und linken Gruppen sowie (Partei- und Gewerkschafts-) Jugendverbänden getragen und sollen Studienanfänger*innen einen Einblick in die alternative Soziokultur Erfurts bieten. Dafür finden verschiedene Bildungsangebote statt, in diesem Jahr u. a. ein historischer Stadtrundgang zum Thema "Hexenverfolgung in Erfurt während der frühen Neuzeit". Dieser sollte ursprünglich 14 Uhr beginnen, wurde aber von den Veranstalter*innen auf 11 Uhr vorverlegt, da die AfD für diesen Tag einen Aufmarsch um 15 Uhr angekündigt hatte. Ausgangsort für den AfD-Aufmarsch war der Platz vor der Staatskanzlei, an dem auch die letzte Station des Rundgangs stattfinden sollte. "Wir wollten einerseits nicht mit der Demonstration der AfD und dem zu erwartenden Polizeiaufgebot kollidieren - vor allem zum Schutz unserer Teilnehmer*innen - und andererseits sollten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit haben, an den Gegenprotesten teilzunehmen", wie Sandy von der "Historischen Selbsthilfegruppe", den Organisator*innen des Stadtrundgangs, berichtet.

Gegen 12:30 Uhr fanden sich die Teilnehmenden des Stadtrundgangs an der vorletzten Station in der Straße „Lange Brücke“ zusammen. Bereits hier tauchten ca. ein Dutzend Beamt*innen auf, beobachteten den Stadtrundgang und folgten den Teilnehmer*innen zur letzten Station an der Staatskanzlei. Dort erfolgte um 13:12 Uhr die erste Ansprache an die Gesamtgruppe durch die Polizei: Alle Anwesenden hätten ihre Personalien abzugeben. Nach wenigen Minuten folgte die zweite Ansprache, dass an allen Anwesenden eine Körper- und Taschendurchsuchung vollzogen werden würde. Auf Nachfrage erklärte die Polizei, dass es sich um eine „Vorkontrolle“ handle, die angebracht sei, weil die Teilnehmer*innen des Rundgangs "phänotypisch links" aussähen. Die Polizei wurde über den Hintergrund des Stadtrundgangs in Kenntnis gesetzt und darüber informiert, dass der Rundgang nur noch wenige Minuten dauern würde. Ebenso wurde das Angebot unterbreitet, die letzte Station räumlich zu verlegen. Obwohl zu diesem Zeitpunkt die AfD-Kundgebung noch zwei Stunden in der Zukunft lag, ist die Polizei auf diese Angebote nicht eingegangen und führte die Maßnahme wie angekündigt durch, wodurch es unmöglich wurde, den Stadtrundgang wie geplant zu Ende zu führen. Am Rande kam es auch zu abschätzigen Kommentaren der Polizei, u. a. bezeichnete ein Beamter das Thema des Rundgangs als "Frauenzeug".

„Wir haben den Stadtrundgang extra nach vorn verschoben, um den historischen Ort in Ruhe in unseren Rundgang einbeziehen zu können. Dass die Polizei aber aufgrund des Aussehens unserer Teilnehmer*innen den Rundgang zum Objekt polizeilicher Maßnahmen machen würde, konnten wir nicht antizipieren“, so Sandy Wolff, Historikerin und Organisatorin des Stadtrundgangs. Maike*, eine Teilnehmerin sagt, dass sie sich durch das Vorgehen der Polizei kriminalisiert und besonders durch die Körper-Durchsuchung erniedrigt gefühlt habe.

Die Organisator*innen der alternativen Studieneinführungstage verurteilen dieses Vorgehen der Polizei: "Es ist völlig unangemessen, die Teilnehmer*innen eines Stadtrundgangs festzusetzen und zu durchsuchen, nur weil sie in den Augen der Polizei 'phänotypisch links' aussehen". Dies sei auch nicht dadurch zu rechtfertigen, dass am Ort des Geschehens zwei Stunden später eine AfD-Kundgebung stattfinden sollte.

Das Bildungskollektiv Biko ist der Ansicht, das Vorgehen der Polizei reihe sich ein in den Umgang mit vermeintlich störenden Personengruppen in Erfurt. Punks, Alternative, aber auch schlichtweg arme oder ungewöhnlich aussehende Menschen würden im öffentlichen Raum in Erfurt regelmäßig von der Polizei, aber auch von Mitarbeiter*innen des Ordnungsamts schikaniert.

Auch die DGB-Jugend ist Teil des Bündnisses und positionierte sich in der Vergangenheit bereits klar gegen vermehrte Überwachung, Polizeipräsenz und Verdrängung der Jugend aus der Erfurter Innenstadt. "Unrechtmäßige Übergriffe durch Polizei und Ordnungsdienst sind keine Einzelfälle. Wir beobachten ein Erstarken autoritärer Ideologien und als Reaktion darauf wird widerständiges Engagement - und alles, was danach aussieht - durch die Exekutive unterdrückt. In Zeiten multipler Krisen und sich verschärfender rechter Gewalt ist das polizeiliche Vorgehen gegen Antifaschist*innen und Linke einfach nur unverständlich."

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen war im Rahmen von "Nächste Ecke links" Co-Veranstalterin von zwei Vorträgen. Polizeiliche Maßnahmen, die in Politische Bildung eingreifen, beschneiden demokratische Grundrechte. Dass diese Grundrechte Menschen aufgrund ihres Aussehens einen ganzen Tag lang abgesprochen werden, ist empörend. Das Feindbild scheinen für die Polizei an diesem Tag Linke gewesen zu sein. Wir solidarisieren uns mit den Veranstalter*innen des Stadtrundgangs und unterstützen das Bündnis hinter den Alternativen Einführungstagen in seiner Verurteilung des polizeilichen Vorgehens.

Während Oberbürgermeister Bausewein die neu angekommenen Studierenden öffentlichkeitswirksam herzlich begrüßte, arbeiten die ihm unterstellten Sicherheits- und Polizeikräfte fleißig daran, junge Menschen abzuschrecken. Mithilfe ihrer repressiven Strategie schränken sie ehrenamtliches Engagement sowie politische Meinungsbildung und -äußerung massiv ein - das Bündnis hinter den alternativen Studieneinführungstagen lässt sich jedoch nicht beirren und freut sich schon jetzt auf die Veranstaltungsreihe im nächsten Jahr.

Unterzeichner*innen:
• Bildungskollektiv Biko
• Decolonize Erfurt
• DGB-Bildungswerk Thüringen e.V.
• DGB-Jugend Erfurt
• DGB-Jugend-Hochschulgruppe Erfurt
• Grüne Jugend Erfurt
• Hochschulgruppe Kritisches Lehramt Erfurt
• Jusos Erfurt
• Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen
• Rote Hilfe Ortsgruppe Erfurt
• Seebrücke Erfurt
• SJD - Die Falken Erfurt
• Vorstand des Studierendenrates der Universität Erfurt

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news-50942 Tue, 29 Aug 2023 08:40:03 +0200 Europa in Bewegung – Thüringen mittendrin? https://th.rosalux.de/news/id/50942 Veranstaltungsreihe Europapolitik vom 11.09. bis 08.12.2023 2024 stehen die Europawahlen an, die Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen nimmt dies zum Anlass sich in einer Veranstaltungsreihe vom 11.09. bis 08.12. mit Fragen der europäischen Klimapolitik, der europäischen Wohnungspolitik, dem europäischen Solidaritätsgedanken und der europäischen Ausrichtung im Konkurrenzverhältnis zwischen den USA und China auseinanderzusetzen.

Die nächste Veranstaltung findet am 08.12.2023, 18 Uhr, im Kunsthaus Erfurt (Michaelisstraße 24) statt.

Weltpolitische Umbrüche: USA – China in Konkurrenz und die wirtschaftlichen Reaktionen EuropasWeltpolitische Umbrüche: USA – China in Konkurrenz und die wirtschaftlichen Reaktionen Europas

Mit Helmut Scholz, Mitglied der Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament - GUE/NGL  und Dr. Stefan Schmalz, Sonderforschungsbereich 294, Strukturwandel des Eigentums

Die wirtschaftliche Konkurrenz und geopolitische Rivalität der USA mit China nimmt seit einigen Jahren stetig zu. Die USA ist zwar weiterhin (auch ohne ein Handelsabkommen) ein wichtiger Handelspartner Europas und Deutschlands. Andererseits sind aber die Wirtschaftsverflechtungen zwischen China und der europäischen Union und insbesondere mit Deutschland ausgeprägt. China ist das Hauptimportland sowie das zweitwichtigste Zielland für Deutsche Güterexporte insbesondere in den Bereichen Textilien, Elektrotechnik und elektrische Ausrüstungen. Zudem spielen die Wertschöpfungsverflechtungen mit China eine sehr bedeutende Rolle. Deutschland verwendet Inputs aus Asien, aber auch China ist abhängig von europäischen und deutschen Vorprodukten.
Im Gegensatz dazu gibt es angesichts der protektionistischer Politik der USA derzeit kaum Hoffnung auf eine stärkere Handelsverflechtung zwischen der EU und den USA. Dennoch fordern die USA ein schärferes Vorgehen von der EU gegen Chinas Handelspolitik und eine Annäherung an die USA. Besonders unter Biden hat sich diese Annäherung auch vollzogen.
Bedeutet dies eine Änderung der europäischen Strategie gegenüber China? Was wären die Folgen einer weiteren Eskalation zwischen den USA und China?


Eröffnet wurde die Veranstaltungsreihe am 11. September  mit einer Veranstaltung unter dem Titel: „Ein Wandel für Klimagerechtigkeit und Ökologie? Der European New Deal und die EU-Klimapolitik“ zum Thema werden diskutieren: Juliane Schumacher (Wissenschaftlerin, freie Journalistin und Autorin), Ralph Lenkert (MdB DIE LINKE im Bundestag) und ein/e Vertreter*in von Fridays for Future Erfurt. Moderieren wird Daphne Weber (Mitglied im Parteivorstand DIE LINKE)

Mitschnitt der Veranstaltung siehe hier

Am 17. Oktober ging es um Politik für bezahlbaren Wohnraum und Anpassung an den Klimawandel in Europa. Ein Zielkonflikt? Wie und zu welchem Preis wollen wir wohnen? Susanna Karawanskij, Thüringer Infrastruktur- und Landwirtschaftsministerin (DIE LINKE), die Stellv. Vorsitzende des Mieterbundes in Brüssel Barbara Steenbergen und Georg Seidler vom Mieterbund Thüringen diskutieren über den Wandel innerhalb der Wohnungspolitik, Wohnungswirtschaft und einer sich rasant verändernden Gesellschaft mit einem zunehmend hohen klimapolitischen Anspruch der alle Branchen und politischen Ebenen zur Transformation herausfordert.

Mitschnitt der Veranstaltung siehe hier

Die am 31. Oktober geplante Veranstaltung zu "Europa#GemeisamNeu machen" musste leider ausfallen.

Plakat

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news-50274 Tue, 18 Apr 2023 13:26:18 +0200 Jena vor dem NSU - Rechtsextremismus bis 1990 in Jena und Ostthüringen https://th.rosalux.de/news/id/50274 Veranstaltungen dazu am 24.04., in Jena und 23.05., in Gera, jeweils 19 Uhr Forschungsarbeit von Michael Ebenau ab 24.04.2023 hier verfügbar.

Seit 2022 arbeiten wir gemeinsam mit dem Institut für Zivilgesellschaft (IDZ) Jena an der Veröffentlichung der Forschungs- und Recherchearbeit des Vorstandsmitglieds der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen Michael Ebenau.

Für die umfangreiche Quellenstudie wertete Michael Ebenau u.a. Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv sowie Polizei-berichte und staatsanwaltliche Ermittlungsakten aus dem Staatsarchiv Rudolstadt aus. Ab Mittag des 24. Aprils kann die Publikation auf den Webseiten von IDZ und Landesstiftung (th.rosalux.de) abgerufen werden. Über das IDZ ist sie zudem als gedruckter Forschungsbericht kostenlos zu beziehen.

Die Forschungsarbeit wird

am 24.04.2023, 19 Uhr in Jena, im Historischem Rathaus  und

am 23.05.2023, 19 Uhr in Gera, im Stadtmuseum durch den Autor vorgestellt.

Anschließend wird sie von Lucia Bruns, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Alice Salomon Hochschule Berlin (in Jena) bzw. mit Peggy Piesche, Referentin für Diversität, Intersektionalität und Dekolonialitä bei der Bundeszentrale für politische Bildung (in Gera), aus Perspektive der Jugendsozialarbeit kommentiert und mit dem Publikum diskutiert.

Moderiert werden die Veranstaltungen von Anne Tahirovic (IDZ) und Volker Hinck (RLS Thüringen).

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news-49483 Tue, 15 Nov 2022 09:23:00 +0100 Karte aller Amazon Standorte überarbeitet https://th.rosalux.de/news/id/49483 Amazon-Logistics wächst in Deutschland innerhalb eines Jahres um 25%. Bereits im September 2021 stellten die Akteure mit „Amazons letzte Meile. Ein Onlinehändler als Prekarisierungstreiber in der Paketlogistik“ von Tina Morgenroth (Faire Mobilität in Thüringen) sowie Johannes Schulten und Jörn Boewe (Journalistenbüro work in progress) eine der ersten deutschsprachigen Recherchen zum Logistiksystem Amazons auf der Letzten Meile vor. Darin enthalten waren Übersichtsgrafiken zum Logistiksystem und eine grafische Darstellung der Amazon-Standorte in Deutschland. Bereits Anfang 2022 zeigte sich in Thüringen, dass mit der Fertigstellung des Logistikzentrums Gera und der Ankündigung in Erfurt ein weiteres Logistikzentrum zu bauen die Expansion Amazons im Freistaat weitergehen wird und die in der Broschüre enthaltene Übersichtskarte veraltet sein wird. Daher beauftragte die Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen Jörn Boewe und Johannes Schulten vom Journalistenbüro work in progress mit der Überarbeitung.

Mit Recherchestand Ende Oktober 2022 stellen das Projekt Faire Mobilität in Thüringen des DGB-Bildungswerk Thüringen und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen Multiplikator*innen, Aktivist*innen, Journalist*innen und der interessierten Öffentlichkeit eine überarbeitete grafische Aufarbeitung des Verzeichnisses von Standorten der Sparte Amazon Logistics (fertiggestellt oder im Bau) in digitaler Form zur Verfügung.

Damit dokumentiert das beauftragte Journalistenbüro work in progress gegenüber dem letzten Recherchestand im September 2021 eine Erhöhung der Eintragungen von 73 auf 100 und damit eine Steigerung um 25%. Im Detail stiegen die die Zahl der eingetragenen Logistikzentren (Fulfillment Center) von 17 auf 23 (davon 3 im Bau), der Sortierzentren von 5 auf 10 (davon 1 im Bau) und der Verteilzentren von 51 auf 67 (davon 2 im Bau). Die Karte dokumentiert daher eindrucksvoll die Expansion des Online-Händlers im deutschen Markt und gibt gleichzeitig einen Überblick über die regionale Verteilung.

Bitte beachten bei der Verwendung:

Die Deutschlandkarte der Amazonstandorte wurde im Auftrag des Projekts „Faire Mobilität in Thüringen“ des DGB-Bildungswerks Thüringen und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen recherchiert von Jörn Boewe und Johannes Schulten vom Journalistenbüro work in progress. Gestaltet wurde die Karte von Dirk Braunheim.

Die Karte steht unter Creative Commons Lizenz und kann für den eigenen Gebrauch unter Nennung der Autoren Jörn Boewe, Johannes Schulten und Dirk Braunheim sowie der Rechteinhaberinnen DGB Bildungswerk Thüringen und Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen zu eigenen nicht-kommerziellen Zwecken verwendet und bearbeitet werden.

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news-46872 Mon, 15 Aug 2022 09:43:59 +0200 Veranstaltungsreihe in Vorbereitung auf 100 Jahre Marxistische Arbeitswoche https://th.rosalux.de/news/id/46872 Die Marxistische Arbeitswoche war ein Treffen von Marxist_innen und Kommunist_innen, die sich Pfingten 1923 in Geraberg bei Ilmenau trafen, um die zu diskutieren, wie eine kritische Theorie der Gesellschaft aussehen könnte. Angesichts der Welle revolutionärer Erhebungen von 1917 bis 1923 in Europa, aber auch der zunehmenden Verringerung der Möglichkeit, Theorie frei innerhalb der kommunistischen Partei zu diskutieren, trafen sich die Anwesenden – unter ihnen Fukumoto Kazou, Karl Korsch, Georg Lukács, Friedrich Pollock, Felix Weil und Richard Sorge – und diskutierten die gerade erschienenen Schriften Lukács und Korschs. Es war somit die erste Veranstaltung des Instituts für Sozialforschung, das bis 1933 in Frankfurt am Main residierte.

In Vorbereitung auf das 100-jährige Jubiläum der Marxistischen Arbeitswoche im Jahr 2023 will das Projekt „100 Jahre Marxistische Arbeitswoche“ schon 2022 beginnen in die Bedeutung der MAW und der auf ihr diskutierten Texte einzuführen. Wir wollen zur Auseinandersetzung aus unterschiedlichen Perspektiven anregen und laden alle Interessierten ein, sich ebenfalls mit den Diskussionen und Entwicklungen in der (Thüringer) Arbeiter*innenbewegung auseinanderzusetzen, die zur Arbeitswoche in Geraberg führten. Dazu stellen wir auf der ‚Plattform 100 Jahre MAW‘ (http://www.marxistische-arbeitswoche.de) Materialien zusammen und wollen auf andere Veranstaltungen hinweisen, die sich mit der Woche und ihren Teilnehmer*innen beschäftigen. Gemeinsam mit anderen Interessierten planen wir in Folge die Diskussionsbeiträge der Teilnehmenden für die heutige theoretische und praktische Kritik des Kapitalismus zu prüfen und im Jubiläumsjahr zu diskutieren.

Veranstaltungsübersicht

Di 20.9., 19 Uhr – Haus auf der Mauer Jena, Saal

Die Erste Marxistische Arbeitswoche Geraberg 1923

Die informelle Gründungsveranstaltung der Frankfurter Schule

Ausstellungseröffnung Karl Korsch in Thüringen und Einführung von Michael Buckmiller

Do 29.9., 19 Uhr – Haus auf der Mauer, Gewölbekeller

1923 – Scheidejahr der Arbeiterbewegung

Zum historischen Kontext der Marxistischen Arbeitswoche

Rhena Stürmer

Di 04.10., 19 Uhr – Haus auf der Mauer, Saal

Geschichte und Klassenbewusstsein, Marxismus und Philosophie

Georg Lukács und Karl Korsch

Über die beiden bedeutenden Werke des westlichen Marxismus, die 1923 parallel erschienen, tragen vor und diskutieren

Werner Jung und Michael Buckmiller

Do 13.10., 19 Uhr – Haus auf der Mauer, Gewölbekeller

Von Geraberg nach Tokio und New York

Richard Sorge und Hede Massing

Über den Zusammenhang von Sozialforschung und Spionage

Uwe Rossbach (Arbeit und Leben Thüringen)

Di 18.10., 19 Uhr – Haus auf der Mauer, Gewölbekeller

Nur Marxisten?

Frauen auf der Marxistischen Arbeitswoche Geraberg

Judy Slivi (Arbeit und Leben Thüringen)

Das Projekt „100 Jahre Marxistische Arbeitswoche“ wird von Ehrenamtlichen gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen und mit Arbeit und Leben Thüringen durchgeführt. Das Projekt will mit Materialien und in Veranstaltungen die Debatten der Marxistischen Arbeitswoche in Geraberg bei Ilmenau aufarbeiten und für heutige Debatten zugänglich machen.

Flyer (web-Version)

Mitschnitte der Veranstaltungen

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news-44942 Tue, 07 Sep 2021 15:07:37 +0200 Gestaltungsperspektiven aus der Minderheit https://th.rosalux.de/news/id/44942 Nach dem Beitrag „«Tage, die das Land bewegen» – zum Zweiten“ hier ein Beitrag von Christian Schaft. Nach den Beiträgen „«Tage die das Land bewegen» – zum Zweiten“ des Regionalbüroleiters Volker Hinck und "Wie weiter in Thüringen" unseres Mitglieds Paul Becker erreichte uns ein dritter Diskussionsbeitrag. Auch weiterhin wird das Diskussionsangebot unserer Stiftung genutzt. Christian Schaft, MdL der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag und Mitglied unserer Landesstiftung, macht sich in seinem Beitrag „Gestaltungsperspektiven aus der Minderheit“ Gedanken über die zukünftige Strategie der Partei DIE LINKE und damit auch um die Zukunft der rot-rot-grünen Landesregierung. Wir dokumentieren unten diese Überlegungen, um die Debatte fortzuführen.


Die parlamentarische Sommerpause in Thüringen ist zu Ende. Der politische Paukenschlag der Nichtauflösung des Thüringer Landtags – eine bittere politische Niederlage - liegen einige Wochen zurück. Garniert wurde dies in der Folge mit den verächtlich machenden Spielchen der AfD im Thüringer Landtag und dem „konstruktiven Misstrauensvotum“ in Form eines MP-Kandidaten Höcke. Volker Hinck beschrieb diese Gemengelage in seinem Text „Tage, die das Land bewegen – Die Zweite“[1]. Nun folgen weitere Tage, die das Land bewegen werden.  Bewegen wird DIE LINKE und das Rot-Rot-Grünen Minderheitenbündnis die Frage, wie sich die CDU nun eine sach- oder anlassbezogene Zusammenarbeit im Parlament vorstellen wird. Jetzt wo sie verkündete einem erneuten Stabilitätsmechanismus nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Und wenn sie als vermeintlich „konstruktive Opposition“ Ideen der regierungstragenden Fraktionen und Parteien als „Ideologieprojekte“ abkanzelt und damit eher destruktiv wirkt. Ähnliches gilt für die Frage wie eine künftige konstruktive Oppositionsarbeit einer FDP-Abgeordnetengruppe im Parlament aussehen wird. Die Antworten darauf dürfen nicht sein in der Defensive zu bleiben, abzuwarten, sinnbildlich wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen.

So wie es nicht gereicht hat die CDU zum Einhalten des Stabilitätsmechanismus aufzufordern, so reicht es aufgrund des nachhaltig wirkenden Vertrauensbruches nicht aus, auf die wiederkehrende Vernunft der demokratischen Oppositionsfraktionen zu warten. Sicherlich müssen mit beiden Parteien Gespräche zur künftigen Zusammenarbeit geführt werden. Aber zeitgleich steht DIE LINKE und ein Rot-Rot-Grünes Bündnis vor der Herausforderung als Minderheitenkoalition Wege und Möglichkeiten zu finden das Land Thüringen die nächsten 3 Jahre bis zur regulären Wahl nicht nur im Rahmen des kleinsten gemeinsamen Nenners sozial und ökologisch zu verwalten. Anspruch muss es sein die Herausforderungen, die uns bevorstehen aufzugreifen und politisch zu bearbeiten.

Michael Ebenau hat in der #Ländersache der Rosa-Luxemburg-Stiftung für Thüringen[2] einige dieser Herausforderungen benannt:

  • Der Kampf gegen autoritäre Politikmodelle und deren politische Vertreter*innen
  • Die Wende zum Besseren im Alltag der Menschen durch konkrete Maßnahmen zur Aufwertung ländlicher Räume und die Überwindung sozialer und räumlicher Ungleichheiten
  • Die Bewältigung der Folgen des Klimawandels durch eine wirksame und nachhaltige Energie-, Umwelt- und Infrastrukturpolitik
  • Die Transformation der Wirtschaft (insbesondere im Bereich der Automobil- und Zuliefererindustrie) und den spürbaren Einstieg in eine Mobilitäts- und Verkehrswende verbunden mit einer industriepolitischen Strategie, die bereit ist sich mit den Kapitalinteressen anzulegen, um umzusteuern

Eine unzureichende Bearbeitung dieser Herausforderung durch konkrete politische Maßnahmen wird die gesellschaftliche Spaltung vertiefen. Daraus muss eine gestaltende linke Politik auch in der Minderheit die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen.  

Soziale Modernisierungspartei mit Gestaltungsanspruch

Zunächst können wir festhalten, DIE LINKE in Thüringen bleibt auch in den letzten Umfragen die stärkste politische Kraft. Wir wissen, dass eine Mehrheit der demokratischen Fraktionen nicht ohne DIE LINKE im Landtag möglich ist. Doch ist das allein noch kein Wert für sich. Es kann aber von Wert sein, wenn wir uns verinnerlichen, dass sich damit auch in der Rolle als Minderheitenregierung eine Gestaltungs- und Machtperspektive ergibt. Nicht nur durch die exekutiven Kompetenzen im Rahmen von ministeriellen Verordnungen und Richtlinien oder die Möglichkeit als Land im Bundesrat aktiv zu werden.

Um diese Gestaltungsperspektiven zu nutzen, braucht es statt dem von Volker Hinck konstatierten „Starren auf den Feind“ und einer Fokussierung auf den Parlamentsbetrieb, in der die Gefahr des Verlierens im klein-klein des parlamentarischen Alltags besteht, eine selbstbewusste Rolle, die DIE LINKE als Partei im Zusammenspiel mit Fraktion und Regierung annehmen muss. Mit dem Ziel gemeinsam politische Schwerpunkte für die Bearbeitung der bereits genannten Herausforderungen zu definieren.

Ob in der Opposition in einigen Ländern und im Bund oder in Regierungsverantwortung wie in Thüringen, Bremen oder Berlin, muss DIE LINKE ausstrahlen, eine soziale Modernisierungspartei zu sein. Mit der Aufgabe radikaler Realpolitik im Besten Sinne. Das bedeutet politisch pragmatisch zu handeln, ohne die gesellschaftlichen Realitäten zu ignorieren oder sie ebenso wenig einfach nur zu verwalten. Es reicht nicht allein auf das Erreichte zurückzublicken und die Handlungsfähigkeit der Thüringer Landespolitik als alleiniges Ziel zu definieren.

Die Debatte über den Auflösungsantrag im Thüringer Landtag hat uns ein stückweit gelähmt als Partei und Fraktion ebenso wie die Minderheitenkoalition. Was angesichts des öffentlichen und medialen Fokus in den Hintergrund trat war die Idee und Erzählung eines von der LINKEN angeführten Reformbündnisses, dass mit dem Ziel angetreten ist Thüringen zu gestalten. Anders als die CDU es Jahrzehnte getan hat, die mehr schlecht als recht das Land verwaltete und im neoliberalen Sinne umbaute. Was es jetzt braucht sind die Strategien und programmatischen Zielstellungen, mit denen wir deutlich und klar aufzeigen wie die aktuellen existentiellen Krisen sozial und ökologisch überwunden werden können.

Ja zwei beitragsfreie Kitajahre, ein Azubiticket, ein vergabespezifischer Mindestlohn im Vergabegesetz, deutlich mehr Neueinstellungen im Schulbereich, Corona-Hilfspakete für Solo-Selbstständige, die Kommunen, Kultur, Vereine, Krankenhäuser, eine Meister*innengründungsprämie, die Stärkung der Bürger*innenbeteiligung in Thüringen, erfolgreiche Beispiele für Gemeindeneugliederungen: All das sind wichtige politische Erfolge auf dem Weg hin zu einem besseren Thüringen. Einem das wir 2014 als sozial gerecht formuliert hatten. Thüringen will DIE LINKE noch immer sozial, ökologisch und solidarisch gestalten.

Das ist ein Ziel, das in einem Parlament mit dem „freien Spiel“ der Kräfte durch je eine konservative-neoliberale Opposition und zusätzlich eine faschistische Fraktion unter Beschuss gerät und das mehr denn je. Denn die Ankündigung zur sach- und anlassbezogenen Arbeit der demokratischen Opposition, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den Ausschüssen bereits die Anträge und Gesetzentwürfe liegen, mit denen Projekte von Rot-Rot-Grün geschliffen werden soll. Bei der Windkraft wurde es bereits geschafft. Das Vergabegesetz der Union zur Streichung des Mindestlohns liegt schon im Ausschuss. Und solange eine CDU nur mit markigen Worten, aber nicht im Abstimmungsverhalten oder bei der Aufstellung von Direktkandidat*innen in Wahlkämpfen die Abgrenzungen nach rechts ernsthaft unter Beweis stellt, steht der von Paul Becker benannte „bläulichbraune Elefant“[3] weiter als Bedrohung im Raum: Dann könnten erste Anträge, später Gesetze,  mit der AfD verabschiedet werden und die Fraktion Höckes wird zur normalisierten Kraft eines rechten Blocks im Landtag.

Angriffe abwehren und in die Offensive kommen

Sicherlich diese Angriffe durch einen rechts-konservativen Block gilt es abzuwehren. Aber nicht nur die Abwehr auch die Offensive muss gut aufgestellt sein. Dazu brauchen wir eine radikale Realpolitik im besten Sinne. Eine solche ist es nicht, nur die Gesetze und Projekte aus der letzten Legislatur zu verteidigen. Eine solche ist es in die Vorhand zu kommen und die CDU mit Gesetzen und Anträgen und Projekten zu stellen, die die LINKE Idee eines sozialen, gerechten und ökologischen Thüringens greifbar werden lassen und dazu beitragen, die tiefe gesellschaftliche Spaltung zu überwinden.

Ein Agrarstrukturgesetz lässt es praktisch werden. Ein Gesetz, dass den Ausverkauf der landwirtschaftlichen Flächen stoppt und unsere Ernährungsgrundlage vor unserer Haustür nicht dem Markt überlässt. Eine Idee, die schon lange diskutiert wird und für die es an der Zeit ist sie öffentlich mit Betroffenen und Verbänden zu beraten, um anknüpfend an ihre Lebensrealität im Kampf um ihren Betrieb und ihre Beschäftigten die Situation zu verbessern. Einen solchen Gesetzentwurf, der mit dem System bricht, den kleinen und mittelständigen Betrieben eine Perspektive gibt und damit der Landwirtschaft in Thüringen, muss sich eine CDU erstmal trauen abzulehnen. Es wären am Ende auch solche destruktiven Verhaltensweisen der Union, die den Keil der Enttäuschung ehemaliger CDU-Stammwähler*innen immer tiefer treibt. Und dann werden reflexartige „das ist Sozialismus“-Tiraden der Union wie beim Vorschlag von Bodo Ramelow für eine Stiftung zur Sicherung von Flächen nicht mehr reichen.

Und dies ist nur ein Beispiel. Das ließe sich an vielen weiteren Projekten durchdeklinieren mit der Forderung nach einem Kulturfördergesetz, mit der Umstellung der Lehrer*innenbildung auf eine schulstufenbezogene Ausbildung als ein Baustein längeren gemeinsamen Lernens, die Änderung der Verfassung zur Abschaffung des Primats des dreigliedrigen Schulsystems, ein deutliches Ausbauprogramm für die erneuerbaren Energien, ein Beteiligungsfond zur Teilübernahme von Unternehmen um sie bei der Transformation zu unterstützen, ein Landesantidiskriminierungsgesetz, die Abschaffung der Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung und so weiter. Initiativen die deutlich werden lassen, wie DIE LINKE die sozial-ökologische Wende in Thüringen gestalten will.

Über diese Projekte braucht es trotz der schwierigen Mehrheiten im Thüringer Landtag öffentliche Diskussionen, um in der Sache mit klarem politischem Kompass und Sachverstand die beste Lösung im Sinne einer sozialen Politik in Thüringen zu suchen. Und dann auch umzusetzen und für die Menschen konkret im Alltag, im Geldbeutel, im Dorf, auf dem Weg zur Arbeit, in der Schule, im Verein, in der Bibliothek, im Theater oder wo auch immer erlebbar werden zu lassen.

Erneuerungsmoment gegen die Veränderungsmüdigkeit

Und das ist dringend notwendig. Denn die Krisen unserer Zeit werden so oder so einen Wandel mit sich bringen. In dieser Situation haben wir zwei Möglichkeiten: Erstens auf den Wandel zu warten und ihn die Menschen überrollen zu lassen. Oder zweitens ihn zu gestalten und das mit den Menschen in Thüringen. Die erste Variante - mit dem Abstrich, dass die CDU-geführte Politik nicht wartete, sondern aktiv ihren Teil dazu beitrug - haben die Menschen in Thüringen mit all den bekannten Folgen Anfang der 1990er Jahre bereits erlebt. Und die Nachwirkungen zeigen sich nicht nur in den bekannten Arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Statistiken. Sondern auch in den Wahlergebnissen.

Horst Kahrs, beschreibt es im Wahlnachbericht zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt so: „60% der Befragten sind »veränderungsmüde«, erschöpft von den Umwälzungen in Wirtschaft, Gesellschaft, Alltag, Familie, Biografie der vergangenen 30 Jahre oder abstrakter formuliert: von den Anpassungs-Forderungen des flexiblen Kapitalismus. Hier macht sich eine konservative Tiefenströmung bemerkbar, die - bis auf die Grünen - die Anhängerschaften aller Parteien durchzieht und deren Ausgestaltungen näher analysiert werden müssen. Die Befürchtungen der AfD-Anhänger sind mit hoher Wahrscheinlichkeit anders gelagert als diejenigen der LINKE- oder SPD-Wähler. Sie zu kennen und politisch zu bearbeiten ist eine Voraussetzung, damit aus »Veränderungserschöpfung« nicht weiterer Rohstoff für völkischen Nationalismus nachwächst.“ [4]

Diese Veränderungsmüdigkeit entsteht auch dadurch, dass Menschen nicht nur das Gefühl haben, sondern auch Erfahrungen machen, dass sie von Veränderungen überrollt werden. Dass sie keine Möglichkeit der Mitgestaltung haben. Doch Veränderungen insbesondere in dieser Zeit mit den vielfältigen Krisen, die uns beschäftigten, können wir nicht aufhalten. Wir müssen sie politisch bearbeiten, ihnen mit konkreten Projekten begegnen. Wollen wir „die Veränderungsmüden“, die noch im demokratischen Spektrum verankert werden können, dabei nicht verlieren, liegt es an uns, nicht in die Rolle der sozialen Krisenverwalter*innen zu rutschen, sondern als LINKE soziale Modernisierungspartei zu sein. 

Wollen wir sozial modernisieren, stehen wir als Partei vor der Aufgabe, im Parlament und in der Regierung gemeinsam mit den Partner*innen außerhalb des Parlaments neu zu definieren, was politisch notwendig ist. Auch als Erneuerungsmoment des rot-rot-grünen Reformbündnisses, als Alternative zu den Ideen neoliberaler, konservativer und autoritärer Politikmodelle, um sich zusammen wieder auf ein gemeinsames Projekt zu besinnen: Thüringen weiterhin sozialer und ökologischer zu machen und dabei die Lebensrealität der Menschen in Thüringen nicht aus dem Auge zu verlieren.

Die Frage, die dabei noch viel offensiver von gestellt werden muss, ist die nach einer Strategie, um gesellschaftliche Macht aufzubauen. Sicherlich wird es im ersten Schritt notwendig sein ein handlungsfähiges Parlament und im Sinne der zahlreichen Initiativen und Verbände einen Landeshaushalt für 2022 zu sichern. Doch der zweite Schritt, die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie für eine demokratische, solidarische und emanzipatorische Politik einer rot-rot-grünen Minderheitenregierung, die CDU und FDP zur anlass- und sachbezogenen Kooperation zwingt, braucht einen neuen Stein des Anstoßes. Die Stärkung direktdemokratischer Elemente wie durch die Absenkung der Hürden für einen Bürger*innenanträge[5], die Einrichtung von Transformationsbeiräten in den Regionen zur Bewältigung des sozial-ökologischen Umbaus, die Demokratisierung von Planungsrecht[6] oder die Organisierung von breit angelegten Dialogprozessen zu Gesetzesvorhaben der Regierung und Fraktionen wären Möglichkeiten zur besseren Begleitung und Mitgestaltung der Landespolitik auf parlamentarischer Ebene. Zusätzlich braucht es Räume für die Diskussionen über die langfristigen politischen Zielstellungen über die Wahlperiode hinaus in gemeinsamen Diskussionsforen, Bündnisstrukturen, Netzwerken, Kämpfen und Auseinandersetzungen. Darauf wies auch Michael Ebenau hin, der in der #Ländersache auf die „vielfältigen Thüringer Initiativen, Verbänden und Bewegungen“ verwies „…die seit teils drei Jahrzehnten aktiv sind und mit ihrer Arbeit die Gesellschaft in Thüringen gestalten.“ Mit ihnen gemeinsam müssen wir die Wege gehen, um eine progressive Politik in Thüringen aus einer Minderheitenperspektive mit Gestaltungsanspruch möglich werden zu lassen. Ganz im Sinne neuer gesellschaftlicher und parlamentarischer Mehrheiten.

Christian Schaft, Mitglied des Thüringer Landtags für die Fraktion DIE LINKE und Mitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen e.V.

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news-44755 Mon, 02 Aug 2021 12:56:28 +0200 Diskussion zu "Wie weiter in Thüringen" https://th.rosalux.de/news/id/44755 Ein Beitrag unseres Mitglieds Paul Becker Nach dem Beitrag „«Tage die das Land bewegen» – zum Zweiten“ des Regionalbüroleiters Volker Hinck erreichte uns ein weiterer Diskussionsbeitrag von Paul Becker dazu, wie es mit den rot-rot-grünen Minderheitsregierung in Thüringen weitergeht.

Wir freuen uns darüber, dass unsere Mitglieder unsere Stiftung als Diskussionsforum begreifen und dokumentieren daher im Folgenden in Absprache mit dem Autor den Beitrag von Paul Becker.

Von Minderheiten, Macht und Perspektiven

Paul Becker

Mit einem Paukenschlag verabschiedete sich der Thüringer Parlamentarismus in die Sommerpause. AfD-Rechtsaußen Björn Höcke hatte den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow per konstruktivem Misstrauensvotum zum Duell gefordert und scheiterte klar und doch erwartbar. Warum das alles? Dieses Manöver der AfD Thüringen zielte weniger auf die Krönung eines neuen Königs, als auf die Verächtlichmachung des Thüringer Landtags. Wenn sich das hohe Haus nur oft genug blamiert, so die hellblaue Hoffnung, steigen die eigenen Wahlchancen. Dass sich die demokratischen Parteien, über den Umgang mit dieser AfD, rettungslos zerstreiten und kaum noch zueinanderfinden, ist eine kostenlose Zugabe, die nur zu gern angenommen wird.

Der machtpolitischen Bedeutung der Nicht-Auflösung des Landtages hat sich Volker Hinck gewidmet[1] und in seinem Fazit die Frage aufgeworfen, ob der AfD durch die Nicht-Auflösung des Landtages nicht mehr Macht zugesprochen worden sei, als sie eigentlich habe. Die Frage lohnt noch einmal aufgegriffen zu werden, weil die Auswirkungen so vielfältig sind.

Zunächst muss einmal festgehalten werden, dass die Stimmen von LINKEN, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP zur Auflösung des Thüringer Landtages komfortabel gereicht hätten. Doch vier Abgeordnete der CDU erklärten, nicht für die Neuwahlen stimmen zu wollen. Es funktioniere aktuell ja ganz gut und außerdem sei ja sowieso kein Wahlergebnis mit klareren Mehrheiten zu erwarten. So ging der Blick in Richtung der FDP, die bis dato kein Teil der Stabilitätsvereinbarungen war. Als die FDP um Kemmerich dann Enthaltung signalisierte, wurde die Befürchtung, mit den Falschen das Richtige zu tun, langsam zur Gewissheit und der Antrag auf Auflösung nach Beratung der rot-rot-grünen Fraktionen zurückgezogen. Das sich jetzt eine der beteiligten Parteien öffentlich als letzte echte Verfechterin der Neuwahlen geriert, gibt schon einmal einen Vorgeschmack auf die Zerrkräfte der Zukunft.

Der LINKE-Fraktionsvorsitzende, Steffen Dittes, hat die Rücknahme seiner Unterschrift damit begründet, dass dem Tabubruch (Wahl von Kemmerich zum MP) sonst der Dammbruch (Auflösung mit Stimmen der AfD) gefolgt wäre[2]. Diesem Hinweis kann man sich nicht verschließen, denn notwendige Stimmen der AfD in der Abstimmung zur Auflösung hätten die Arbeit des Parlaments und die dann folgende Regierungsbildung auf Jahre verändert. Alle derzeitigen Umfragen sprechen für ein ähnliches Wahlergebnis wie 2019. Alles was CDU und FDP brauchen ist ein Vorwand, die Stimmen der AfD dann doch hin und wieder nutzen zu „dürfen“. Natürlich kann jetzt argumentiert werden, dass die AfD die anderen Parteien am Nasenring durch die Manege geführt habe und dieser Eindruck ist auch nicht falsch. Der Grund dafür lag aber nicht in der Stärke der AfD, sondern der Schwäche der demokratischen Parteien, gemeinsam dem Einflussversuch der AfD entgegenzutreten. Die AfD wird ihre taktischen Spielchen fortsetzen, an ihrer Antwort müssen sich LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP messen lassen.

Gerade hat es sich der bläulichbraune Elefant AfD, an dem niemand vorbeikommt, im Plenarsaal ziemlich bequem gemacht. Für die Frage der Handlungsfähigkeit der demokratischen Parteien im Thüringer Landtag wird die Frage des Umgangs mit den Stimmen der AfD die wichtigste machtpolitische und strategische Frage der nächsten Monate und Jahre. Wird es möglich sein, Dinge die mensch möchte auch dann zu beschließen, wenn die AfD sie zufälligerweise oder aus taktischen Gründen unterstützt? Die Haushaltsverhandlungen werden einen ersten Vorgeschmack auf die wo möglich kommenden drei Jahre geben.

Anders als bei dem Antrag auf Auflösung des Landtages braucht es für die Verabschiedung der Haushalte keine Zwei-Drittel-Mehrheit, es reichen mehr Ja- als Nein-Stimmen. Die AfD kann also ausgeklammert werden, denn ernsthafte Mehrheiten will niemand mit der AfD suchen, versichern die fünf übrigen Parteien ständig. In der Mittwochsausgabe der Thüringischen Landeszeitung warb Ministerpräsident Bodo Ramelow schonmal für einen neuen Blick nach der Sommerpause: »Wenn man sich im Herbst gemeinsam aufmachen will, ernsthaft das Projekt „Wechselnde Mehrheiten im Landtag“ starten zu wollen, braucht man keine Vereinbarungen, Verträge und Sicherheitsabkommen. Wir müssen weg davon, uns wechselseitig immer wieder zu misstrauen. Ich werbe für einen gemeinsamen Perspektivwechsel.[3]

Mario Voigt, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, hatte bereits angekündigt, mit seiner Abgeordnetengruppe für eine formalisierte Zusammenarbeit a la Stabilitätsmechanismus 1 und 2.0 nicht mehr zur Verfügung stehen zu wollen und mir r2g nur noch über Einzelthemen zu reden. Doch die Fraktion ist sich uneins, die Fliehkräfte sind stark und Mario Voigt ist nicht zu beneiden. Die Taktik, mal Vorhaben der rot-rot-grünen Landesregierung als »Ideologieprojekte« zu betiteln und andere als eigene Ideen zu kapern, nutzt sich schnell ab und wird von den Wählerinnen und Wählern mal früher, mal später durchschaut. Das wird auch in den Umfragen immer wieder deutlich, denn das Abarbeiten an r2g mit der groben Axt bringt keine Punkte. Wie festgeklebt steht die CDU bei 21 Prozent und Mario Voigt landet als Oppositionsführer auf der Beliebtheitsskala noch hinter Anja Siegesmund, Thomas L. Kemmerich und Georg Maier.[4] Wirft man einen Blick in andere Bundeländer, scheint sich der Eindruck aus Thüringen durch Wiederholung zu bestätigen: Die Rolle der Opposition liegt der CDU nicht, deren Handeln immer auf Machtausbau und Ämteranhäufung ausgerichtet ist.

Wenn sich der Staub des Bundestagswahlkampfes gelegt hat, wird sich zeigen, wo die CDU in Thüringen steht. Ob den Reden zur AfD Taten folgen, oder die Unterstützung der AfD stillschweigend hingenommen wird. Die CDU hat dabei das Problem, das jeder Journalist in Ost wie West auf unser kleines Bundesland eingeschrieben ist. Thüringen wurde zum Musterbeispiel für die mangelnde Abgrenzung nach rechts. Die Kemmerich-Wahl durch Stimmen von AfD, FDP und CDU und die Aufstellung des Hans-Georg-Maaßen reichen als Beweise, »case closed«. Und wenn sich der ehemalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz dann hinstellt und den allseits beliebten Ramelow als »Kommunisten« betitelt, der übrigens der gleiche ist, mit dem seine Parteifreunde in Erfurt über den Haushalt verhandeln wollen, ist zum innerparteilichen Zustand der „Thüringen-Partei“ eigentlich alles gesagt.

Zurücklehnen? Nein! Die notwendigen Verständigungen mit der CDU-Fraktion und den Abgeordneten der FDP werden zur Herausforderung. Viele Verhandlungspartner erwecken grundsätzlich immer die unschöne Assoziation teurer Kompromisse, diese Vorahnung – berechtigt oder nicht – sollte jedoch kein Grund sein, sich unter dem nächsten Stein zu verkriechen. Die Emanzipation der einzelnen Koalitionspartner, die jetzt schon sichtbar ist, wird sich in Zukunft verstärken, ist jedoch so lange unproblematisch, wie sie sich nicht in Landesregierung und Kernkabinett fortpflanzt.

DIE LINKE. Thüringen hat u.a. mit ihrem Bestreben nach Bildungsgerechtigkeit, im ersten Schritt durch beitragsfreie KiGa-Jahre, 2019 ihren bis dato erfolgreichsten Landtagswahlkampf geführt und braucht die Haushaltsverhandlungen nicht zu fürchten. Denn möchte eine Partei den Rotstift zuerst bei Kindern und Familien ansetzen, muss sie das den Thüringerinnen und Thüringern erklären.

Eine Herausforderung wird vielmehr die breite und inhaltstiefe Kommunikation mit der Partei selbst und den Bürgerinnen und Bürgern sein. Um klar zu machen, wer für welche Kürzung im Haushalt in Haftung zu nehmen ist. Der Thüringer Weg zeichnet sich, trotz aller Zuspitzungen in den Medien, vor allem durch seine Unaufgeregtheit aus. Setzen wir ihn ohne Stimmen der AfD fort. Thüringen war schon einmal in den 1920er Jahren falscher Vorreiter, als sich der völkischen Ideologie nicht eindeutig und gemeinsam entgegengestellt wurde.

Der gesellschaftliche Widerstand, der dem Dammbruch durch die Wahl von Kemmerich folgte, war immens. Mahnender Begleiter einer langsam erodierenden Brandmauer zu sein, ist ungleich ermüdender. Auch die Stimmung auf der Straße unterliegt konjunkturellen Wellen und braucht Auslöser, die im täglichen Parlamentsbetrieb schnell unterzugehen drohen.

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news-44657 Fri, 09 Jul 2021 13:45:22 +0200 #Ländersache https://th.rosalux.de/news/id/44657 Thüringen vor der Wahl Am 26. September 2021 wird eventuell in Thüringen der Landtag neu gewählt. Erneut könnte das Ergebnis der Wahl könnte bundespolitische Bedeutung erlangen. Denn nach dem «Sündenfall» von Thüringen, als im Februar 2020 mit Thomas Kemmerich ein Politiker der FDP mit den Stimmen der rechtsradikalen AfD und der CDU für kurze Zeit zum Ministerpräsidenten gewählt wurde und vier Wochen später Bodo Ramelow wieder ins Amt kam, blickt die Republik auf den Freistaat. Am 19. Juli entscheidet der Landtag über seine Auflösung. Doch zuletzt kam vor allem aus der CDU Widerstand gegen Neuwahlen.

Die mögliche Wahl wird vorläufige Antworten darauf geben, ob zumindest regional eine rot-rot-grüne Regierungsoption erhalten bleibt oder das Bündnis zerfällt, ob die AfD um Björn Höcke weiterhin einen für die Stabilität der Demokratie gefährlich hohen Zuspruch bekommt und ob die tiefe politische Spaltung überwunden werden kann, die im Ergebnis der Landtagswahl 2019 zum Ausdruck kam. Wichtig ist auch die Frage, wie sich DIE LINKE, SPD und Bündnis 90/Die Grünen als Regierung gegenüber den vielfältigen Thüringer Initiativen, Verbänden, Gewerkschaften und Bewegungen stellen, die seit teils drei Jahrzehnten aktiv sind und mit ihrer Arbeit die Gesellschaft in Thüringen gestalten. Viele von ihnen begleiten die R2G-Regierungsjahre seit 2014 und mahnen immer wieder mehr Partizipation an. Eine strategische Diskussion darüber, wie dieses Mehr an Partizipation aussehen könnte, steht aus. Diese Debatte ist zurzeit umso dringlicher, als zu klären ist, welche gesellschaftlichen Defizite die Pandemie offengelegt hat und wie die Zukunft und die sozial-ökologische Wende in Thüringen gestaltet werden sollen, um die Demokratie zu stärken.

Für die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat nun Michael Ebenau, lange Jahre für die IG Metall in Thüringen tätig, einen Blick auf das Land und die politischen Verhältnisse geworfen.

(Paul Wellsow)

Michael Ebenau, Politikwissenschaftler, hat zwischen 1990 und 2015 für die IG Metall in Jena gearbeitet, ab 2015 dann in der Bezirksleitung Mitte der IG Metall in Frankfurt am Main.

#LÄNDERSACHE luxemburgreport LANDTAGSWAHL THÜRINGEN  

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news-43842 Wed, 10 Mar 2021 09:46:00 +0100 Atalante Thüringen ab sofort online https://th.rosalux.de/news/id/43842 Feministische und frauenpolitische Strukturen, Initiativen und Institutionen Thüringens im digitalen Raum Am Internationalen Frauenkampftag 2021 ging Atalante Thüringen online. Die Website verortet die  Vielfalt von feministischen und frauenpolitischen Strukturen, Initiativen und Institutionen Thüringens im digitalen Raum. Der feministische Atlas ist ein Projekt der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen.

www.atalante-thueringen.de

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