Dokumentation „Marxistische Rechtstheorien“ mit Maximilian Pichl

Bericht zum Vortrag „Marxistische Rechtstheorien“ in der Reihe „Marx am Montag“ - 21. Juni 2021.

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Die Marx am Montag Reihe wurde mit dem Thema „Marxistische“ oder „Materialistische Rechtstheorien“ fortgesetzt. Dabei stellte der Referent Maximilian Pichl die Ansätze von Karl Marx, über Wolfgang Abendroth bis hin zu Sonja Buckel vor, die Recht als Instrument der Herrschaft wie auch als Schutzpanzer der Unterdrückten untersuchen.

Modernes Recht bringt zugleich Herrschaft als auch Emanzipation hervor. Der Einstieg des Vortrages beinhaltete eine Hinführung zu den Grundfragen marxistischer Rechtstheorie. Diese betonen demnach die notwendige Kontextualisierung von Recht. Es muss also nach der Herleitung von Recht aus konkreten Kräfteverhältnissen gefragt werden. Inwieweit reproduziert Recht eine bürgerliche kapitalistische Gesellschaft und inwieweit können Soziale Bewegungen ihre politischen Kämpfe auf Recht aufbauen?

Pichl verwies in seinem Vortrag darauf, dass es sich bei Marx um keine eigenständige Rechtstheorie im Wesentlichen handelt, sondern er Fragen stets gesellschaftstheoretisch analysierte.     

In einem seiner ersten Texte befasste sich Marx mit den Menschenrechten. Er kritisiert dabei jedoch nicht, dass diese nicht eingehalten werden, vielmehr kritisiert er das tatsächliche Wirken der Menschrechte. Durch ihr Wirken wird laut Marx eine bestimmte Form des bürgerlichen Subjektes vorgeschrieben. Sie spalten und führen dazu in Anderen die Schranke der eigenen Freiheit wahrzunehmen. Menschenrechte nach Marx bedeuten nach seinem Emanzipationsverständnis zwar politische Emanzipation, jedoch keine menschliche Emanzipation. Marx betont jedoch die Bedeutung von Recht als Teil von gesellschaftlichem Kampf.

In Anlehnung an das Marxsche Wissenschaftsverständnis, stellte Pichl auch weitere Theoretiker*innen vor. Dabei kam er auf Paschukanis und seine Überlegungen nach dem unpersönlichen und unmittelbaren Wirken von Recht, Kirchheimer und Neumann und ihre Anstöße zu Strafrecht als Herrschaftsrecht, sowie auf Ansätze von Bloch, Abendroth und Buckel zu sprechen.

In der an den Vortag anknüpfenden Beantwortung von Zuschauer*innenfragen schaffte Pichl dann einen Bezug zur Gegenwart. Er kam dabei durch thematische Verknüpfungen mittels der Bezugnahme aktueller rechtlicher Fragestellungen auf heutige Rechtsarenen zu sprechen.

Beispielsweise erläuterte Pichl zum kürzlich vom Bundestag verabschiedeten Lieferkettengesetz, dass dieses zwar Menschenrechte adressiert, jedoch aus der Sicht von marxistischen Rechtstheorien nicht die Grundprobleme bezüglich Eigentum, Ausbeutung und der transnationalen räumlichen Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft der Arbeiter*innenschaft zu lösen vermag.  

Solche „Sorgfaltspflichtgesetze“ und Beschwerdemechanismen ändern daher nichts am Produktionsmodel transnationaler Unternehmen und hinsichtlich dessen, bleibt ein neoliberales Regelwerk bestehen. Ein Beispiel, dass schon eher in den Rahmen einer marxistischen respektive materialistischen Rechtsanalyse passt, ist das Bürger*innenbegehren zu „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“. Hier wird beispielsweise sehr wohl das Grundgesetz in einer Weise ausgelegt, als dass die herkömmlichen Definitionen zum Thema Privateigentum neu definieren will.

Marxistische Rechtstheorie lässt Kontextualisierung zu und zeigt auf, inwieweit politische Diskurse sich auf das Rechtsterrain auswirken können.

Das gestiegene Forschungsinteresse in der Gegenwart an der Diskussion zu marxistischen und materialistischen Rechtstheorien lässt sich zudem mit der heutigen Forschung zu postkolonialen und postjuridischen Rechtstheorien verknüpfen. 

Der Vortag zeigte die durch die marxistische Rechtstheorie geübte Kritik an der bürgerlichen Rechtswissenschaft auf und schuf mittels der Einführung in Marx gesellschaftstheoretische Analysen und die daran anlehnenden Theorien einen wunderbaren Überblick in ein spezifisches Gebiet der Rechtstheorie.

Der Vortrag wurde aufgezeichnet und auf dem YouTube-Kanal der Stiftung gespeichert, wo er jederzeit angeschaut werden kann:

https://www.youtube.com/watch?v=4JhzYUTwNHg&t=2823s

Dulina Zirker

Mitarbeiterin der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen e.V.