Nachricht | Autoritarismus Demokratie oder Autoritarismus?

Welchen Weg Mosambik gehen wird, hängt vom Umgang der Eliten mit der Schuldenkrise ab

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Die vier Präsidenten Mosambiks von 1975 bis heute
Mural am Zentralkrankenhaus in Maputo: Die vier Präsidenten Mosambiks seit 1975: Samora Machel, Joaquim Chissano, Armando Guebuza und Filipe Nyusi - allesamt Mitglieder der «Frente de Libertação de Moçambique» (FRELIMO) CC BY-SA 2.0, Cornelius Kibelka, via Flickr

Mosambik ist seit Anfang 2016 von einer Schuldenkrise betroffen. Sie wurde zum Inbegriff des Scheiterns der herrschenden politischen Elite. Die Krise um versteckte Schulden betrifft illegale Kredite in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar, die von drei Unternehmen, ProIndicus SA, Empresa Moçambicana de Atum SA (EMATUM) und Mozambique Asset Management SA (MAM), aufgenommen wurden.

Offiziell sollten die Mittel dazu dienen, die Souveränität Mosambiks in der landeseigenen Sonderwirtschaftszone zu schützen und Erkundungen für den Abbau von Rohstoffen zu finanzieren. Vermittelt wurden die Kredite durch die Bank Credit Suisse International und die russische Investmentbank VTB Capital PLC.

Doch dann stellte eine unabhängige Prüfung unter anderem fest, dass 500 Millionen US-Dollar des EMATUM-Darlehens verschwunden sind. Da die verdächtigen Transaktionen über New Yorker Banken flossen, erhoben die USA Anklage gegen den mosambikanischen Abgeordneten und ehemaligen Finanzminister Manuel Chang sowie einige andere hochrangige Staatsbeamte. Die Aufdeckung des Schuldenskandals veranlasste den IWF und andere Kreditgeber, die Darlehenszahlungen an Mosambik sofort einzustellen – die Folge war beinahe ein Staatsbankrott.

Dieser Skandal hat die Frelimo, die Regierungspartei Mosambiks, auf eine harte Probe gestellt. Was dies für die demokratische Entwicklung des Landes bedeuten könnte, habe ich im Januar in vier Szenarien prognostiziert – zwei davon sollen hier diskutiert werden: Entweder könnte der Umgang mit der Krise Mosambiks Einstufung als autoritärer Staat bestätigen. Oder das Regime versucht, mit einigen kleinen «Fortschritten» bei den Ermittlungen gegen die Verantwortlichen ein gewisses Maß an Vertrauen in die Institutionen der Justiz und die Partei wiederherzustellen, also einen „demokratischen Weg“ einzuschlagen. Das würde auch dem inneren Zusammenhalt der Frelimo nützen.

Zur autoritären Tendenz: Mosambik ist jüngst von der «Economist Intelligence Unit» als autoritäres Regime eingestuft worden, zuvor galt das Land als «hybrides Regime». Diese neue, verschlechterte Einstufung folgte auf die umstrittene Kommunalwahl im Oktober 2018. Diese Wahlen, so die Begründung, könnten den Friedensprozess zwischen der Frelimo und der bewaffneten Opposition Renamo destabilisieren.

Meiner Meinung nach geht diese Argumentation fehl. Noch immer sind Fortschritte im Verhandlungsprozess für Abrüstung, Demobilisierung und Wiedereingliederung zu verzeichnen und beide Parteien scheinen sich weiterhin für den Frieden einzusetzen.

Die autoritären Praktiken in Mosambik stellen meiner Auffassung nach vielmehr eine Reaktion auf die Schuldenkrise dar. Die Frelimo, so eines meiner Szenarien vom Januar, verfolgt eine Abschottungsstrategie, um die politischen und wirtschaftlichen Interessen der herrschenden Elite zu schützen. Diese beinhaltet auch restriktive Eingriffe in die Berichterstattung zu «unangenehmen Themen». Ich hatte auch vorausgesagt, dass Mosambik die G40-Gruppe – eine durch die Regierung ernannte Gruppe von Kommentatoren zur Verteidigung der Regierungspolitik – beleben und staatliche Unterdrückung über Polizei und Militär ausweiten würde.

In meinem zweiten Szenario hieß es, die Regierungspartei würde dem Generalstaatsanwalt mehr Raum für «Nachforschungen» geben. In der Folge würden sogar «kleine Fische» des Schuldenskandals vor Gericht landen, die «großen» jedoch ungeschoren bleiben. Dies ist eine gängige Praxis in Ländern, in denen das Rechtssystem von den Interessen der herrschenden Eliten bestimmt wird. Für die Frelimo hätte diese Strategie den Vorteil, vor den Nationalwahlen im Oktober 2019 innere Einheit zu stiften. Außerdem könnte auf diesem Weg der kleinen «Fortschritte» bei der strafrechtlichen Untersuchung des Falls der versteckten Schulden das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft zurückgewonnen und die eingefrorenen finanziellen Hilfen wieder verfügbar gemacht werden.

Wenn allerdings Manuel Chang, der frühere Finanzminister, der derzeit in Südafrika auf eine Auslieferung wartet, in die USA statt nach Mosambik geschickt würde, wäre der Eindruck bestärkt, dass die rechtsstaatliche Verfolgung des Skandals in Mosambik mangelhaft ist. Tatsächlich hat der Generalstaatsanwalt bereits einigen Ländern (einschließlich der USA) mangelnde Zusammenarbeit bei den Ermittlungen vorgeworfen.

So weit meine damalige Prognose. Wie ist der Stand der Demokratie in Mosambik vier Monate später? Bestätigt der Umgang mit dem Fall der versteckten Schulden, dass Mosambik sich zu einem autoritären Regime entwickelt hat – oder sind Schritte in Richtung einer funktionierenden Demokratie erkennbar?

Der enorme nationale und internationale Druck führte – nach einem langen Schweigen, das eine freie, breite Diskussion verhindern sollte – inzwischen dazu, dass 21 Personen, darunter zwei ehemalige hochrangige Beamte des Geheimdienstes und ein Sohn des früheren Präsidenten Armando Guebuza, vorbeugend festgenommen wurden. Auf südafrikanischer Seite wurde gegen Manuel Chang nach seiner Inhaftierung Ende 2018 in Johannesburg auf Ersuchen der US-Justizbehörden ein langwieriges Gerichtsverfahren eingeleitet, das die Rechtmäßigkeit seiner Festnahme bestätigte. Ein südafrikanisches Gericht hat unlängst festgestellt, dass Chang sowohl an die USA, die dies zuerst beantragt hatten, als auch an Mosambiks Behörden, die später einen entsprechenden Antrag stellten, ausgeliefert werden kann. Es wird derzeit erwartet, dass der südafrikanische Justizminister Michael Masutha Manuel Chang nach Maputo oder in die USA zurückschicken wird.

Ob Mosambik als Regime mit autoritären Praktiken beschrieben werden kann, ist von einer Kombination von Faktoren abhängig. Auf der einen Seite würde man bei völliger Ignoranz gegenüber dem Fall oder bei einem nur behaupteten oder inszenierten Interesse an juristischer Aufklärung von Autoritarismus sprechen können. Nun aber sind Schritte zur rechtlichen Klärung des Schuldenskandals eingeleitet. Richtig ist allerdings auch: Obwohl aktuell die Restriktionen nachgelassen haben, mit denen eine öffentliche Debatte des Skandals verhindert werden sollte, wird auch weiterhin allgemein eingeschätzt, dass die Anstrengungen der Regierung zur Aufklärung nicht aufrichtig sind. Die Erwartungen daran, wie der mosambikanische Staat den Fall der versteckten Kredite behandelt, sind nach wie vor sehr hoch: Ob autoritär oder in demokratischer Weise – das wird sich bald zeigen.
 

Fredson Guilengue ist Projektmanager der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Büro Johannesburg.

Dieser Text ist zuerst erschienen in maldekstra #4, Juni 2019.