Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Gesellschaftstheorie - Geschichte Theorie in praktischer Absicht: Leo Koflers Linkssozialismus

Standpunkte 35/2010 von Christoph Jünke

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Reihe

Standpunkte

Autor

Christoph Jünke,

Erschienen

November 2010

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Dass seit einigen Jahren wieder zunehmend über den deutschen Linkssozialismus geforscht und diskutiert wird, ist sicherlich nicht nur, aber eben auch der Tatsache geschuldet, dass in einer Zeit gesellschaftlicher Repolitisierung auch die Geschichte und Theorien des Linkssozialismus wieder auf den Prüfstand der Aktualität gestellt werden. Der unorthodoxe Marxismus Leo Koflers darf bei einer solchen Diskussion nicht fehlen, handelt es sich bei Kofler doch um einen so bemerkenswert verdrängten wie herausragenden Vertreter dieses deutschen Linkssozialismus, über den Klaus Vack, selbst ein Urgestein der westdeutschen Neuen Linken, vor dreißig Jahren zu Recht schrieb, dass man ihn «nicht für irgendeine Gruppe [der deutschen Linken; CJ] reklamieren (kann). Dazu ist Leo Koflers Weg zu unabhängig und eigenwillig gewesen. (…) Und trotzdem könnte keine zureichende Geschichte der sozialistischen Linken (…) erscheinen, ohne
Koflers Arbeit und seine oft eher verborgenen Einflüsse zu erwähnen.» Kofler war nur einer unter anderen, einer von vielen, aber, und dies ist gleichsam meine erste These, er war der in meinen Augen wichtigste Vertreter des deutschen Nachkriegs-Linkssozialismus. Dies ist weniger im Sinne politischer Praxis und Strömungen gemeint – dieser Platz gebührt sicherlich, aufs Ganze gesehen, Wolfgang Abendroth –, sondern vor allem im sozialphilosophischen und gesellschaftstheoretischen Sinne.

Leo Kofler war zuallererst ein marxistischer Theoretiker, ein Sozialphilosoph und Gesellschaftstheoretiker. Er war aber auch und gleichzeitig ein politischer Intellektueller. Seine Theorien und Analysen sind immer gleichzeitig auch Theorie in praktischer Absicht, d. h. eine Theorie, die nicht verhehlt, Anleitung zum Handeln, zur parteiergreifenden Einmischung sein zu wollen, obwohl sich Kofler selbst weitgehend fern gehalten hat von der Tagespolitik seiner Zeit.

Ich möchte im Folgenden an einigen zentralen Aspekten seiner Theoriearbeit stichwortartig und hoffentlich appetitanregend verdeutlichen, warum Kofler für mich der wichtigste Theoretiker des deutschen Nachkriegssozialismus und als solcher von einer besonderen Aktualität für unsere Diskussion ist.

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